Ich finde, Achtsamkeit ist ein großes Wort. Einschüchternd. Eins, bei dem man viel falsch machen kann. Achtsamkeit klingt nach „Ommm“ und steifem Sitzen. Nach Bewusstseinserweiterung und „bloß an nichts Denken“. Nach gertenschlanken, schönen jungen Frauen mit 200k Instagram Followern, denen man bei ihrer Yogasession am Strand von Bali zusehen kann.
Versteh mich nicht falsch. Ich will auch gerne mal nach Bali und dort Yoga machen. Das alles ist natürlich sehr überspitzt dargestellt. Trotzdem war es das, was mich zu Beginn meiner Persönlichkeitsentwicklungs-Reise immer ein wenig abgeschreckt hat, mich wirklich mit Achtsamkeit zu beschäftigen. Denn „achtsam sein“ bedeutet so viel mehr.
Man muss kein neuerwachter Guru sein, um Achtsamkeit praktizieren zu können. Alleine die Formulierung „Achtsamkeit praktizieren“ klingt schon spiritueller und größer, als sie eigentlich ist. Wenn Du ein bisschen mehr Achtsamkeit in Deinen Alltag bringen und bewusster leben willst, solltest Du Dich von jeglichen Vorgaben lösen.
Jeder kann achtsam sein und Achtsamkeit im Alltag einbauen.
Du musst dafür nichts Besonderes können, brauchst keine drei Stunden extra am Tag und kannst quasi sofort loslegen. Dein Lebensstil, Dein Job, Deine Routinen, Dein soziales Umfeld – nichts davon ist eine zwingende Voraussetzung für ein achtsames Leben. Das einzige was es braucht? Eine bewusste Entscheidung für mehr Achtsamkeit im Alltag.
Achtsamkeit regelmäßig im Alltag zu praktizieren bringt Dir:
- ein besseres Gespür für Deine eigenen Bedürfnisse
- mehr innere Ruhe
- Stressbewältigung
- eine positivere Einstellung
- verbesserte Selbstliebe
- einen geschärften Blick fürs Wesentliche
- Und wenn Du gerade strugglest, auf Sinnsuche bist oder vorhast Dich zu verändern, aber noch nicht weiß wohin die Reise geht, hilft mehr Achtsamkeit, Dir die Richtung zu weisen.
Hier sind 11 kleine, leicht umsetzbare und trotzdem wirkungsvolle Methoden, mit denen Du Achtsamkeit im Alltag praktizierst.
Wichtig für alle: Wie so oft bei guten Gewohnheiten, ist auch hier Dranbleiben angesagt. Eine sichtbare positive Veränderung siehst Du am ehesten, wenn Du Achtsamkeit fest in Dein Leben integrierst und täglich praktizierst. Aus eigener Erfahrung (und für Deine Motivation) kann ich Dir aber auch sagen, dass jede dieser Übung an funktioniert – und relativ schnell positive Auswirkungen zeigt.
Mehr Achtsamkeit im Alltag: 11 Achtsamkeitsübungen
Probiere Dich am besten durch alle Übungen, die Dich ansprechen. Meist bekommst Du schon nach ein, zwei Versuchen ein Gefühl dafür, was Dir gut tut und was nicht. Entscheide Dich dann dafür, welche diese Achtsamkeitsübungen Du weiterverfolgen willst – egal ob es eine ist, vier sind, oder alle zehn.
Ändere Deine kleinen Routinen
Was tust Du jeden Tag?
Duschen, den Morgenkaffee an derselben Stelle vor Deiner Balkontüre genießen? Nimm Dir eine dieser Alltagsgewohnheiten vor und zelebriere sie einmal ganz bewusst und langsam. Wie fühlst Du Dich währenddessen? Tut sie Dir gut oder gehst Du Dir eigentlich nur nach, weil Du es so gewohnt bist?
Falls das der Fall ist, gilt es, diese Routine ein wenig zu ändern. Geh mal einen anderen Weg spazieren als sonst, kauf in einem anderen Supermarkt ein, hör eine neue Musikrichtung oder probiere eine neue Teesorte aus.
Egal was es ist; egal, wie klein diese Änderung sein mag: Du wirst Deine bisher alltägliche Routine ganz neu wahrnehmen. Und vielleicht entdeckst Du sogar ganz neue Vorlieben!
Atme bewusst
Ich weiß, Meditation ist nicht für jedermann. Und das ist okay. Wie eingangs erwähnt, heißt Achtsamkeit auch, sich von bekannten Vorgaben zu lösen. Wenn Du Dich also (noch) nicht ans Meditieren wagen willst, versuche es mit kleinen Atemübungen.
Bewusstes und tiefes Ein- und Ausatmen kannst Du jederzeit praktizieren. Es macht Dich sofort ruhiger und hilft Dir in Stresssituationen, Dich wieder auf das Wesentliche zu fokussieren. Ich mache gerne die 4-3-4-Übung. Setze oder lege Dich dafür bequem hin und schließe Deine Augen. Atme ein und zähle gedanklich währenddessen bis 4. Halte den Atem an, während Du bis 3 zählst. Danach atmest Du aus, während Du wieder bis 4 zählst. Diese Übung kannst Du beliebig oft wiederholen.
Nimm Deine Mahlzeiten bewusst ein
… Du merkst schon, das Wort „bewusst“ kommt hier sehr häufig vor. Kein Wunder, schließlich gehört es zum achtsamen Leben. Wann hast Du Dich zuletzt wirklich zu 100% auf Dein Essen konzentriert, ohne nebenher am Handy zu spielen, Zeitung zu lesen, Dich zu unterhalten, usw.? Lange her, nicht wahr?
Bewusst essen heißt langsam essen! Genieß Dein Essen mit allen Sinnen. Schmecke es, kaue es ausgiebig und konzentriere Dich nur darauf. Das ist nicht ganz leicht, wenn man seine Mahlzeiten sonst eher hinunterschlingt oder im Stehen zu sich nicht. Mit ein bisschen Übung wird es aber leichtern.
Bewusstes, langsames Essen gibt Dir außerdem einen Gesundheits-Bonus: Indem Du Dein Essen ausgiebig vorkaust, nimmst Du Deinen Verdauungsorganen Arbeit ab und wirst schneller satt.
Stop Multitasking
Multitasking ist längst nicht so effizient, wie es lange Zeit verkauft wurde. Auch ich verfalle immer wieder in den Drang, alles gleichzeitig machen zu wollen – und kriege am Ende nichts richtig fertig. Statt achtsam zu arbeiten, raucht mir dann der Kopf, ich bin frustriert und längst nicht fertig. Kennst Du, oder?
Erlaube Dir selbst, einen Schritt nach dem anderen anzugehen, anstatt so viel wie möglich auf einmal zu schaffen. Achtsamkeit bedeutet, sich bewusst und mit voller Aufmerksamkeit auf etwas zu konzentrieren. Selbst, wenn es die Steuererklärung ist: Sie hat es irgendwie ja doch verdient, dass Du ihr Deine ungeteilte Aufmerksamkeit widmest, oder?
Lass das Smartphone mal weg
… ein No-Brainer, den Du bestimmt schon gehört hast. But – here’s the news: Es hilft wirklich, das Smartphone mal beiseite zu legen und Dich nicht stundenlang achtlos durch Social Media zu scrollen.
Tatsächlich merken wir oft gar nicht mehr, wie viel Zeit wir am Handy verschwenden. Schau Dir mal Dein Nutzungerverhalten über Deine Telefoneinstellungen an. Mir hat es doch ziemlich erschreckt, dass ich an manchen Tagen 3 oder mehr Stunden mit YouTube verbracht habe. Die Konsequenz? Ich habe die App mittlerweile von allen Geräten gelöscht. Ständig zu kommunizieren oder nur „aus Langeweile“ durch Instagram zu scrollen, tut auf Dauer nicht gut. Unser Gehirn kann nicht zur Ruhe kommen.
Dein Smartphone achtsam zu nutzen heißt, Dir Deine Zeit einzuteilen und darauf zu achten, womit Du Dich umgibst. Entfolge Accounts, die in Dir ein negatives Gefühl verursachen. Tracke Deine Zeit am Handy. Lege es beiseite, wenn Du Dich anderen Dingen widmest.
Digital Detox Apps, können Dir dabei helfen, die Ablenkungen durch Dein Smartphone zu verringern.
Praktiziere eine Morgenroutine
Die Morgenroutine ist nach dem Buch „Miracle Morning“ von Hal Elrod meine persönliche Lieblingsmethode. Es geht darum, Dir bewusst Zeit für Dich selbst zu nehmen. Morgens funktioniert das für viele von uns besonders gut, weil wir noch nicht von möglichen (negativen) Geschehnissen des Tages beeinflusst sind. Alles ist frisch und wie ein kleiner Neustart.
Überlege, was Dir gut tut und baue das in deine Morgenroutine ein. Möchtest Du endlich mehr Lesen? Meditieren oder Beten? Wieder Zeit für ein ausgiebiges Frühstück haben, ungestört an einem Projekt arbeiten oder Sport machen? Dann ist die Morgenroutine perfekt dafür. Ob sie 15 Minuten dauert oder 2 Stunden – liegt ganz an Dir. Egal, was Du vorhast: Nimm Dir die Zeit für Achtsamkeit, Selbstfürsorge und Dinge, die Dich glücklich machen.
Übrigens muss die Morgenroutine nicht zwingend morgens stattfinden: Es geht auch abends oder zu jeder anderen Tageszeit.
Lass Deine Gedanken schweifen
Auch, wenn Deine Lehrer früher alles andere als begeistert waren: Abschweifen und Tagträumen ist erlaubt!
Dieser Status zwischen Meditation und bewusstem (ha, da ist es schon wieder, das Wort!) Denken sorgt sofort dafür, dass Du Dich entspannter fühlst. Außerdem „öffnest“ Du so Dein Gehirn für neue kreative, Ideen. Oder plagt dich ein Problem? Durch entspanntes Tagträumen kommt Dir vielleicht die Lösung.
Diese Achtsamkeitsübung lässt sich hervorragend mit anderen achtsamen Gewohnheiten kombinieren. Bleib doch z.B. nach Deiner Meditation noch ein paar Minuten sitzen. Oder nutze die Zeit am Morgen, bevor die Snooze-Funktion Deines Weckers ein weiteres Mal einsetzt. Liegenbleiben und die Gedanken schweifen lassen.
Finde ein Hobby, das Du rein zur Entspannung machst
… ohne Hintergrund, damit vielleicht mal Geld zu verdienen.
Ich arbeite selbstständig – und den ganzen Tag am Laptop. Da hat man oft keinen Nerv mehr, den Feierabend weiterhin vor dem Bildschirm zu verbringen. Deshalb lese ich oft oder nehme mir Papier und Bleistift zur Hand und zeichne. Das hilft mir, runterzufahren.
Suche Dir ein Hobby, das Du rein aus Spaß an der Freude machst. Damit kannst Du den Kopf ausschalten und Stress loslassen.
Finde Dein persönliches Ruhe-Ritual
Bestimmt gibt es kleine Rituale, die Du – unbewusst – machst, wenn Du entspannen willst.
Wenn Du jetzt sagst „Stimmt nicht, sowas hab ich nicht!“: Nimm Dir ein paar Minuten und erinnere dich, was Du getan hast, als Du zuletzt gestresst oder angespannt warst. Hast Du Sport zur Ablenkung gemacht? Dir ein ASMR Video angeschaut oder dich vom TV berieseln lassen? Bestimmt gibt es da etwas. Meine To-Go-Ritual sind Spazierengehen und Pianomusik im Hintergrund.
Finde diese Rituale, halte sie „für Notfälle“ irgendwo schriftlich fest und gehe ihnen nach, wenn Du Dich unwohl fühlst, oder einfach ein paar Minuten Achtsamkeit brauchst.
Schreibe Tagebuch
… oder versuche Dich an Journaling!
Schreiben wirkt wahre Wunder und ist deshalb ein enorm hilfreiches Achtsamkeits-Tool. Viele Menschen haben jedoch Angst vor dem „leeren Blatt“ zu Beginn. Wenn es Dir auch so geht, fang an, völlig Belangloses Zeug zu schreiben. „Hallo, mein Name ist Chrissi, ich bin Sternzeichen Fische und gerade scheint die Sonne durch mein Fenster…“ Du kommst ganz von selbst in den Flow, versprochen.
Und dann schreib einfach, was Dir in den Sinn kommt. Egal, was es ist. Egal, wie viel es ist. Aus dem Kopf heißt aus dem Sinn. Du löst dich damit von Problemen und öffnest dich gleichzeitig für neue Ideen. Ein weiterer Bonus dieser Übung: Du hast „was in der Hand“.
Mich selbst motiviert es ungemein, die beschriebene Seite (oder gleich mehrere Seiten – je nachdem, wie viel „Gedankenkotze“ raus muss) vor mir zu sehen. Außerdem lassen sich damit all die leeren Notizbücher befüllen, die man so angehäuft hat, sie aber zu hübsch findet, um sie zu benutzen.
Praktiziere Dankbarkeit
„Be thankful for what you have; you’ll end up having more. If you concentrate on what you don’t have, you will never, ever have enough.“
Oprah Winfrey
Dankbarkeit ist derzeit in aller Munde – und das ist toll! Denn zu erkennen, was Du bereits in Deinem Leben hast, macht dich achtsamer für neue positive Möglichkeiten/Erlebnisse und zu einem glücklicheren Menschen. Du fühlst Dich vollkommener.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Dankbarkeit zu praktizieren. Hier ein paar Beispiele.
- Notiere Dir jeden Abend vorm Schlafengehen 3 – 5 Dinge, für die Du heute dankbar warst und die Dich happy gemacht haben.
- Zähle während Deiner Meditation auf, wofür Du dankbar bist – wie ein Mantra.
- Nimm Dankbarkeit als Journaling-Ritual auf.
- Lege Dir ein „Marmeladenglasmomente“-Glas an, in dem Du Erlebnisse oder Zitate sammelst, die dich glücklich gemacht haben.
Ziel ist es, Dir Deine „dafür bin ich dankbar“-Sammlung immer wieder anschauen zu können, wenn Du dich schlecht fühlst. Das hilft Dir, die Fülle in Deinem Leben zu entdecken, anstatt Mangel.
Vielleicht kennst Du den ein oder anderen Achtsamkeitstipp auch schon. Das heißt aber nicht, dass es sich hier um ausgelutschte Ideen handelt, sondern um Methoden, die funktionieren! Du siehst, Achtsamkeit im Alltag zu integrieren, bedarf wirklich nicht viel Aufwand.
Welche dieser achtsamen Gewohnheiten wirst Du ausprobieren?
Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von Chrissi Wagner
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Ich arbeitete über 10 Jahre lang im Büro und träumte mindestens genauso lange schon von einer kreativen Selbstständigkeit. Jetzt hab ich mich getraut. Als „Mindful VA“ biete ich mein Können als Virtuelle Assistentin, Content Creator und Webdesignerin an. Außerdem blogge ich auf Zentreasures über Achtsamkeit sowie die Schwierigkeiten und Selbstzweifel, die mich auf dem Weg in Richtung Selbstverwirklichung begleiten – und wie ich sie überwinde.
Und wenn ich nicht gerade an meiner Selbstständigkeit arbeite, wandere ich in den Bergen meiner oberbayerischen Heimat oder mixe Cocktails. Oder beides; Reihenfolge variierend.