Glaubt man dem oberflächlichen Bild vom Zusammenleben mit Hund, sieht es oft so aus, als sei ein Hund das beste Mittel gegen Stress. Mit Hund ist alles immer unbeschwert und leicht, Friede, Freude, Eierkuchen und so. Bilder endlos grüner Landschaften tun sich vor dem geistigen Auge auf, Hund und Halter Seite an Seite, die Sonne scheint.
Bilder eines glücklich schlafenden friedlichen Hundes oder von lachenden Kindern die ausgelassen mit dem Hund spielen. Du weißt, was ich meine. Vor allem auf Instagram wird leicht dieser Eindruck erzeugt.
Die Realität des Alltags sind Menschen, die sich im Wald die Seele aus dem Leib schreien, weil Bello lieber einem Reh hinterherjagt anstatt zu gehorchen. Endloses ohrenbetäubendes Gekläffe, welches noch Straßen weiter zu hören ist, stellt die Nerven auf die Probe. Ein frecher Hund, der dem Kind das Essen aus der Hand klaut, sorgt für eine mittelschwere Familienkatastrophe.
Natürlich sind dies überspitzt dargestellte Beispiele für beide Seiten der Medaille. Wichtig ist hierbei jedoch, nicht aus den Augen zu verlieren, dass es eben – wie bei allem im Leben – immer zwei Seiten gibt.
Ich selbst bin mit Hunden aufgewachsen und habe Tierpsychologie mit Schwerpunkt Hund studiert. Mein Bild vom Zusammenleben mit Hunden war also nicht ganz realitätsfern. Dennoch holte mich mein erster komplett eigener Hund etwas unsanft auf den Boden der Tatsachen. Meiner ursprünglichen Meinung nach, ließen sich 90% der Probleme durch eine optimale Erziehung des Hundes beheben. Diese Sicht durfte ich sehr bald revidieren als mein 12 Wochen alter Wirbelwind einzog.
Stresskiller oder Stressauslöser?
Trotz besten Wissens und Gewissens, sehr gut durchdachter Erziehung und einer Bibliothek der besten Hundeerziehungsratgeber, durfte ich bald feststellen, dass es neben den wunderschönen, idyllischen, harmonischen „my dog is my best friend“-Tagen auch genauso negative, beschwerliche, nervenaufreibende Tage gibt. Auch die beste Erziehung der Welt schützt nicht vor der Pubertät des Hundes, davor zum Beispiel einem plötzlich über den Weg hoppelnden Hasen hinterherzujagen, Kothaufen zu fressen oder vor Tierarztbesuchen.
Ja richtig, jeder geliebte Vierbeiner kann auch mal krank werden und keiner erzählt einem, wie stressig eine Tierarztrechnung sein kann. Oder wie sehr es an einem zehrt den geliebten Vierbeiner an einer Verletzung oder Krankheit leiden zu sehen. Ein Hund ist und bleibt ein Hund, ganz egal wie sehr er auch vermenschlicht wird. Und dieser verhält sich gemäß seiner Instinkte und ist immer darauf aus zu, sich zu seinem eigenen Vorteil zu verhalten. Das macht er nicht um uns zu ärgern sondern einfach, weil er ein Tier ist.
Altruistische Hunde gibt es nicht. Kein Hund der Welt wird sich denken: „Frauchen zuliebe werde ich jetzt nicht durch diese herrliche Matschpfütze flitzen.“ Oder „Hmm das duftet aber lecker auf dem Grill aber ich weiß ja, dass dies für das Abendessen meiner Familie gedacht ist und, dass ich später noch Hundefutter bekomme, also gedulde ich mich, bis ich an der Reihe bin.“ Oder „heute laufe ich diesem Hasen nicht hinterher, letztes Mal war ich zwei Stunden auf Streifzug und Herrchen war danach so aufgebracht“.
Es ist also utopisch davon auszugehen, ein Hund sei ein Stresskiller. Es wird vermutlich genauso viele Momente geben, in denen der Hund der Stressauslöser ist. Um Missverständnisse zu beseitigen: Dieser Text dient nicht dazu das Leben mit Hund zu verteufeln. Ich selbst kann mir kein Leben ohne Hund mehr vorstellen.
Selbstverständlich kommt es bezüglich des Stresspotentials des Hundes auch immer darauf an, was für einen Hund man hat und welches Energieniveau dieser besitzt. Natürlich gibt es auch träge Hunde, die alles andere als lebhaft sind, Hunde, die nicht verfressen sind, Hunde ohne Jagdtrieb, usw. Das möchte ich nicht leugnen.
Persönliche Weiterentwicklung an der Seite eines Hundes
Ich schreibe hier über meine persönliche Realität des Alltages mit Hund und darüber, was ich bei anderen Hundebesitzern beobachte. Bisher habe ich keinen noch so verliebten Hundebesitzer getroffen, der aufrichtig behaupten konnte, sein oder ihr Hund, habe ihn oder sie noch nie auf die Palme gebracht. Aber auch von diesen, auf den ersten Blick schwierigen Situationen, kann man viel lernen.
Mein Hund hat mir durch seine Eskapaden beigebracht gelassener zu werden. Ich weiß inzwischen, dass es hin und wieder vorkommt, dass Situationen auftreten, die ich nicht kontrollieren kann. Dass allgemein im Leben nicht alles kontrollierbar ist – und auch nicht sein sollte. Ich weiß, dass ich nicht alles vorhersehen kann und, dass ich nicht immer alles richtig machen kann und, dass ich deswegen aber keine schlechte Hundemama oder kein schlechter Mensch bin.
Dadurch lerne ich, mich von meinen perfektionistischen Ansprüchen zu lösen, nicht nur an mich selbst und meinen Hund. Mittlerweile kann ich das gelernte auf sämtliche Lebenslagen übertragen. Mein Selbstvertrauen wächst mit jedem Tag. Ich weiß, dass ich kompetent genug bin, mich um ein Lebewesen zu kümmern und auch in schwierigen Situationen das Richtige zu tun. Ich bin deutlich nachsichtiger mit anderen Hundebesitzern, mit mir selbst und generell meinen Mitmenschen.
Mein wichtigstes Learning ist, dass mein Hund mein Spiegel ist. Hunde haben sehr feine Antennen für die inneren Vorgänge ihrer Menschen, über ihren sehr stark ausgeprägten Geruchssinn registrieren sie viel mehr als wir uns vorstellen können. Ein Hund ist den ganzen Tag damit beschäftigt seinen Menschen zu lesen und reagiert entsprechend darauf.
Bevor ich mich also über meinen Hund aufrege, frage ich mich inzwischen lieber, was ich dazu beigetragen habe. Ein Hund lügt nie. Anhand des Hundes erfährt man eine Menge über sich selbst. Das ist oftmals schwer einzusehen, birgt aber auch ein enormes Entwicklungspotential.
Die Vorteile mit Hund
Es gibt wunderbare Vorteile einen Hund an seiner Seite zu haben. Hunde verschaffen regelmäßige Bewegung an der frischen Luft, faule Ausreden wie „schlechtes Wetter“ fallen aus. Über die positiven Effekte eines Waldspaziergangs brauche ich hier wohl nicht zu schreiben. Außerdem ist ein Spaziergang mit Hund wesentlich amüsanter. Mit einem Hund hat man ständig was zu lachen und Lachen ist ja bekanntlich die beste Medizin.
Studien belegen, dass das Streicheln des Hundes nachweislich den Stresspegel senkt, sowohl beim Hund als auch beim Herrchen/Frauchen. Jeder Hundebesitzer wird wohl zustimmen, dass es unglaublich beruhigend, erdend und wunderschön ist, seinen Hund zu streicheln und zu sehen, wie er es genießt. Kuscheln mit dem Hund kann für eine tiefe Bindung sorgen (wenn es dem Hund gefällt, nicht jeder Hund steht darauf).
Hunde helfen gegen Einsamkeit. Zum einen, weil sie einem Aufmerksamkeit und Zuneigung schenken, aber auch, weil sie helfen zwischenmenschliche Beziehungen aufzubauen. Mit Hund kommt man viel schneller ins Gespräch mit anderen Menschen und ein Hund bietet mehr als genug Gesprächsstoff. Hunde helfen gegen Einsamkeit, wenn man die Wohnungstür öffnet und der Hund steht wild wedelnd da, als ob du der tollste Mensch der Welt wärst, kannst du gar nicht anders als dich unendlich glücklich zu schätzen das Highlight für dieses Lebewesen zu sein.
Pessimistische Gedanken und daraus resultierende negative Gefühle verschwinden also oftmals schon mit dem Überqueren der Türschwelle. Hunde lassen sogar unseren Serotoninspiegel ansteigen, wenn wir mit ihnen zusammen sind. Ein Hund ist wahrlich ein Buddha auf vier Pfoten. Hunde leben immer im Hier und Jetzt, sie sind vollkommen präsent. Sie denken nicht an gestern oder morgen, schlagen sich mit Selbstzweifeln oder Zukunftsängsten herum. Sie SIND einfach. Und dabei sind sie glücklich.
Ein Hund erfreut sich, ähnlich wie ein Kind, an den simpelsten Dingen. Hunde sind echt, vollkommen authentisch und in ihrer Kraft. Ein Hund käme auch niemals auf die Idee sich selbst unter Druck zu setzen oder fünf Dinge auf einmal zu erledigen. Wenn man seinen Hund aufmerksam beobachtet, kann man sich in vielen Situationen ein Beispiel an ihm nehmen vor allem bezüglich Achtsamkeit, Gelassenheit und Genuss.
Hunde brauchen Aufmerksamkeit
Andererseits ist ein Hund keine Katze, die man mehr oder weniger sich selbst überlassen kann. Hunde brauchen regelmäßige Bewegung, jeden Tag, egal bei welchem Wetter, egal wie voll und stressig der Tag ist. Je nach Hund, sind da schon 2-3 Stunden am Tag erforderlich um ihn auszulasten. Die Erziehung ist niemals abgeschlossen. Natürlich wird es mit dem Alter weniger und routinierter aber ein „fertig“ gibt es ebenso wenig wie bei uns Menschen.
Die meisten Hunde benötigen neben der körperlichen Auslastung ebenso die geistige. Spontaneität mit Hund wird spätestens bei Reisen und Ausflügen schwierig. Noch immer sind nicht alle Restaurants hundefreundlich, ebenso Hotels und sonstige Unterkünfte, an vielen Stränden sind keine Hunde erlaubt. Unternehmungen, die sonst selbstverständlich sind, können ohne Vorausplanung schnell zum Stressfaktor werden. Mit Hund ist also deutlich mehr Recherche und Planung erforderlich.
Wenn man jedoch nicht naiv an die Mensch-Hund-Beziehung ran geht, bereit ist zu lernen und zu wachsen, kann man sehr von der Gesellschaft eines Hundes profitieren.
Ich denke, die meisten werden mir zustimmen, dass die schönen Momente des Zusammenlebens die weniger schönen wett machen. Ob ein Hund gegen Stress hilft, gilt es persönlich und ganz ehrlich im Einzelfall abzuwägen. Alles in allem ist wohl die persönliche Einstellung ein entscheidender Faktor dafür ob die Mensch-Hund-Beziehung eine Bereicherung oder eine Belastung ist.
Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von Janine Nolde.
Ich habe durch meinen Lebensweg durch sämtliche Krisen, Hindernisse, Schwierigkeiten und Diagnosen meinen persönlichen Weg gefunden, mir selbst zu helfen, mich zu heilen und ein glückliches, erfülltes Leben zu erschaffen. Durch Achtsamkeit, Meditation, Spiritualität und vor allem meinen ganz persönlichen Life-Coach, meinen Hund Mäxi, habe ich es geschafft mich von meiner traumatischen Vergangenheit voller Stress, Selbstzweifel und Krankheiten zu lösen.
Heute bin ich dankbar für meinen unkonventionellen Weg und meinen Mut, meiner Intuition und der Stimme meines Herzens zu folgen. Meine Erfahrungen und mein Wissen teile ich auf Instagram.