Nicht nur die Psyche leidet unter dauerhafter Belastung. Wir zeigen, welche Symptome auf chronischen Stress hindeuten und wie Du sie vermeiden kannst.
Stress beginnt im Kopf – und zwar als neuronaler und biochemischer Prozess der deinen Körper zu Bestleistungen bewegt, ihm auf Dauer aber schadet. Fühlst Du Dich also gestresst, hast nach einem langen Arbeitstag Kopfschmerzen und vor einer schwierigen Präsentation das Gefühl, Dich übergeben zu müssen, ist das eine Abwehrreaktion des Körpers.
Wie reagiert der Körper auf Stress?
Stress weckt im Menschen uralte Instinkte: Flucht oder Kampf, Rückzug oder Angriff. Beide Instinkte waren für den Steinzeitmenschen bei einer drohenden Gefahr überlebenswichtig. Heute helfen diese Instinkte und die damit verbundenen Reaktionen dabei, in kurzer Zeit ein To-Do zu erledigen, im Sport Bestleistungen zu erzielen oder das Überleben in Extremsituationen zu sichern etwa bei starken Schmerzen.
Zeit- und Leistungsdruck, Lärm, körperliche Schmerzen sowie emotionale Belastung bezeichnet man dabei als Stressfaktoren oder Stressoren. Sie funktionieren als Trigger und setzen die neuronalen und biochemischen Reaktionen in Gang.
Noradrenalin und Adrenalin für den schnellen Energiekick
Sinnesorgane registrieren Informationen der entsprechenden Stressoren und senden diese an das Gehirn. Liegt eine Bedrohung vor, kommt der Neurotransmitter Noradrenalin zum Einsatz. Er funktioniert als Botenstoff und aktiviert den Sympathikus. Dieser Teil des Gehirns kommt zum Einsatz, wenn Du dich in einer bedrohlichen oder stressigen Situation befindest.
Mit der Aktivierung des Sympatikus setzt das Mark der Nebenniere Adrenalin frei. Noradrenalin und Adrenalin verengen die Blutgefäße, erhöhen den Blutdruck und damit die Puls- und Atemfrequenz. Dieser Prozess versorgt Körper und Gehirn mit einer extra Portion Sauerstoff. Muskeln werden aktiviert, die Denkleistung verbessert sich.
Mit der darauffolgenden Entspannung setzt der Körper außerdem Dopamin frei. Das Glückshormon sorgt dafür, dass Du dich etwa nach einer erledigten Aufgabe erleichtert und motiviert fühlst. Kurzzeitiger Stress ist also vollkommen in Ordnung. Er verpasst Dir einen Energiekick und versorgt Dich mit mit einer extra Portion an Glückshormonen.
Cortisol für ein konstantes Energielevel
Hält der stressige Zustand länger als zehm Minuten an, aktiviert der Sympathikus weiterhin Noradrenalin. Anstatt Adrenalin setzt die Nebenniere nun allerdings Cortisol frei, ein Hormon und Neurotransmitter, der deine Leistungsfähigkeit langfristig erhöht.
Musst Du eine wichtige Aufgabe erledigen, eine mehrstündige Prüfung absolvieren oder einen Marathon laufen, hält Cortisol das Energielevel konstant. Das Hormon steuert außerdem die Verteilung von Ressourcen. Energie wird also genau dort zur Verfügung gestellt, wo Du sie gerade benötigst – sei es im Gehirn oder in den Muskeln.
Im Überblick: So reagiert der Körper auf Stress
- Sinnesorgane registrieren Stressfaktoren und senden Informationen an das Gehirn
- Der Botenstoff Noradrenalin aktiviert den Sympatikus. Der Teil des Gehirns wird aktiviert, wenn eine Bedrohung oder eine stressige Situation vorliegt.
- Ist der Sympathikus aktiviert, setzt das Mark der Nebennierenrinde Adrenalin frei.
- Adrenalin verengt die Blutgefäße, erhöht den Blutdruck und somit die Herz- und Atemfrequenz
- Hält die Stresssituation länger als 10 – 15 Minuten an, setzt die Nebennierenrinde anstatt Adrenalin, das Stresshormon Cortisol frei
- Cortisol erhält die Wirkung von Adrenalin aufrecht und sorgt für langfristige Leistungsfähigkeit
Wenn Cortisol dem Körper schadet: Typische Stress Symptome
Neben der Versorgung Deines Körpers mit den nötigen Ressourcen aktiviert Cortisol die Immunabwehr. Das braucht eine Menge Energie, welche dem Körper an anderer Stelle entzogen wird. Befindest Du dich dauerhaft in einem solchen Zustand, baust Du langfristig ab. Dein Körper reagiert auf die dauerhafte Belastung mit typischen Stress Symptomen.
Innere Unruhe und Schlafstörungen
Cortisol hält die Wirkung von Adrenalin aufrecht und versetzt Dich sozusagen dauerhaft in Alarmbereitschaft. Dabei hemmt es die Produktion von Melatonin, das auch als Schlafhormon bekannt ist. Melatonin sorgt dafür, dass Du ruhig und müde wirst, sobald es dunkel wird. Chronischer Stress hemmt diese Reaktion und verursacht Schlafstörungen.
Zusätzlich sorgt ein Überschuss an Cortisol für einen hohen Blutdruck, der zu innerer Unruhe führt. Nervosität und schlechter Schlaf ziehen die Psyche in Mitleidenschaft. Auf lange Sicht kann dies etwa Krankheiten wie Burnout, Depressionen oder Zwangsstörungen nach sich ziehen.
Konzentrationsschwierigkeiten
Adrenalin und Noradrenalin versorgen das Gehirn im Bruchteil einer Sekunde mit einer extra Portion Sauerstoff und sorgen kurzzeitig für eine bessere Leistungsfähigkeit. Diese positive Wirkung von Stress kommt Dir insbesondere in Situationen wie einer Prüfung, einem Bewerbungsgespräch oder in wichtigen Meetings zu Gute.
Ist das Gehirn allerdings chronischem Stress ausgesetzt kann dies zu Konzentrationsschwierigkeiten und Denkblockaden führen. Schlimmstenfalls schädigt ein Überschuss an Cortisol einzelne Hirnregionen dauerhaft. Unter Umständen kann dies zu Gedächtnisverlust oder chronischen Kopfschmerzen führen.
Geschwächtes Immunsystem
Häufig kommen Erkältungen immer dann, wenn man sie am wenigsten gebrauchen kann. Am Wochenende, im Urlaub und wenn wir endlich die Gelegenheit haben, uns einmal richtig zu entspannen.Während das Immunsystem in stressigen Phasen auf Hochtouren arbeitet, fährt die Immunabwehr herunter, sobald sich der Körper entspannt.
Neben Erkältungen erhöht sich das Risiko für Entzündungen im Körper. Weitere Stress Symptome können dann beispielsweise schlechte Haut mit Akne oder Herpes sein.
Gastritis und Verdauungsprobleme
Übelkeit, Bauchkrämpfe bis hin zu Durchfall und Erbrechen: auf dauerhafte Belastung kann der Körper mit Stress Symptomen reagieren, die einen mehrere Stunden oder gar Tage außer Gefecht setzen.
Besonders Menschen mit Reizdarmsyndrom reagieren auf Stress mit einer erhöhten Darmaktivität in Form von Bauchkrämpfen und Durchfall. Auch eine Entzündung der Magenschleimhaut mit Aufstoßen, Übelkeit und Erbrechen kann auf chronischen Stress hindeuten.
Kopfschmerzen
Nach einem stressigen Arbeitstag brummt uns häufig der Kopf – ein unangenehmes Spannungsgefühl bis hin zu einem regelmäßigen Pochen macht sich breit. Stress gilt als häufige Ursache für Migräne- , Spannungs- oder Clusterkopfschmerzen.
Für eine kurze Zeit verändern sich dabei die innere und äußere Kopfschlagader und drücken auf das Gehirn eine Folge von Überlastung, etwa durch langanhaltend hohen Blutdruck.
Keine Lust auf Sex
Nichts los im Bett? Auch dann könnte ein Überschuss an Cortisol der Übeltäter sein. Denn das Stresshormon hemmt das limbische System. Das Gefühlszentrum des Gehirns verarbeitet unter Anderem sexuelle Reize und bringt so die Bildung von Geschlechtshormonen in Gang. Auch die Bildung von Dehydroepiandrosteron, kurz: DHEA ist auf das Stresshormon Cortisol zurückzuführen.
Neben Östrogen und Testosteron aktiviert es die sogenannten Lusthormone Serotonin und Oxytocin. Letztere sorgen dafür, dass der Körper zum Orgasmus kommt. Ein Überschuss an Cortisol stört diesen komplexen Prozess, sorgt bei Männern für Potenzverlust, bei Frauen für verringerte Libido.
Cortisolspiegel senken: So geht‘s
Falls du auch unter einem oder mehreren der genannten Symptome leidest, ist es höchste Zeit etwas dagegen zu unternehmen. Um einem Burnout und anderen stressbedingten Krankheiten zuvor zukommen, gilt es Alltagsroutinen zu überdenken und bei Bedarf grundlegend zu verändern.
Sport – aber nicht zu viel!
Sport hilft nicht nur das ein oder andere Kilo zu verlieren, sondern unterstützt Deinen Körper auch dabei, Stress abzubauen. Ausdauersportarten wie Laufen, Wandern oder Fahrradfahren, aber auch Yoga oder Tai Chi eignen sich besonders gut, um den Cortisolspiegel zu senken. Wichtig ist es regelmäßig zu trainieren, dabei den Körper allerdings nie zu überlasten.
Richtig ernähren
Wer seinen Cortisolspiegel dauerhaft senken will, sollte die folgenden drei Regeln in Sachen Ernährung beachten:
- Zuckerkonsum reduzieren: Beim Verzehr vom Gummibärchen, Schokolade, süßem Gepäck oder auch bei verarbeiteten Lebensmitteln, steigt der Blutzucker rasch an. Neben Insulin, schüttet der Körper auch vermehrt Cortisol aus, um den Blutzuckerspiegel wieder zu regulieren.
- Auf Frittiertes verzichten: Neben dem Blutzucker, ist Cortisol auch für die Regulation des Cholesterinspiegels im Körper verantwortlich. Lebensmittel mit sogenannten Transfetten, etwa Croissants, Kekse, Pizza oder auch Trockensuppen lassen den Cholesterin – und damit auch den Cortisolspiegel ansteigen. Nahrungsmittel mit gesunden Fetten dagegen, versorgen Körper und Gehirn in stressigen Zeiten mit einer extra Portion an Energie.
- Grüner Tee anstatt Kaffee und Energy-Drinks: Das Koffein in Kaffee und Energy-Drinks stimuliert die Nebennierenrinde, die daraufhin Cortisol ausschüttet. Besser ist grüner Tee: Die Aminosäure L-Theanin hemmt die Freisetzung des Stresshormons.
Achtsam im Alltag
Um körperlichen sowie psychischen Stress nachhaltig zu reduzieren ist Achtsamkeit im Alltag ein bedeutender Faktor. Vereinfacht bedeutet Achtsamkeit, die Gegenwart und den Moment bewusst zu erleben. Das Problem: Vielen Menschen fällt genau DAS besonders schwer.
Das Gefühl, mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigen um schneller voranzukommen macht es nahe zu unmöglich, aus dem Dauerstress auszusteigen. In diesem Fall kann es helfen, zunächst einfache Achtsamkeitsübungen als festes Ritual im Alltag zu integrieren. Diese bewussten Auszeiten helfen dem Körper dabei, zu regenerieren und das Stresslevel zu senken.
Stressmanagement
Auch Stress ist manchmal eine Sache der Einstellung. Unter Stressmanagement versteht man im Allgemeinen, Methoden und Strategien um sowohl physischen als auch psychischen Stress zu reduzieren. Auf stressbehandlung.info findest du zahlreiche Tipps rund um Stress- und Zeitmanagement sowie Inspirationen für einen entschleunigten Alltag.
Text: Natalie Grolig